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Rasante Boliden durch Hochleistungs-druckguss

Um Automobile in wenigen Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen und Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 300 km/h zu erreichen, zählt neben einem leistungsstarken Motor jedes Kilogramm an eingespartem Fahrzeuggewicht. Konsequenter Leichtbau unter Einsatz von Aluminium- und Magnesiumlegierungen führt zunehmend zur Substitution von ehemaligen Stahlteilen wie Ölwannen, Getriebekästen und sogar ganzen Fahrzeugtüren. 

Leichtere Bauteile fu?r mehr Fahrvergnu?gen

Um leichte Bauteile für Fahrzeuge herzustellen, wird das Leichtmetall erhitzt und im flüssigen Zustand in sogenannte Druckgussformen unter hohem Druck eingespritzt. Das entstandene Gussteil bedarf nur noch geringer mechanischer Endbearbeitung. Einer der Weltmarktführer für diese Automobildruckgussteile ist die Georg Fischer GmbH in Altenmarkt (Steiermark), ein Standort von GF Automotive. Druckgussformen sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor beim Druckgießen, aufgrund der limitierten Lebensdauer stellen sie einerseits einen Kostenfaktor dar, andererseits beeinflussen sie aber auch die Qualität der Gussteile.

Das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist

Damit die Formen trotz der im Minutentakt wiederkehrenden, ermüdenden und schädlichen Temperaturbeanspruchung eine lange Lebensdauer haben, bekommen sie vorab ein „Training“ in Form einer sogenannten Wärmebehandlung, durch die der eingesetzte Warmarbeitsstahl möglichst hart und zäh wird. Ähnlich wie ein Schmied, der sein rot glühendes Stück Metall zuerst mit dem Hammer in Form bringt und es anschließend in einem Öl- oder Wasserbad abschreckt, also härtet, werden die Druckgussformen in einem Vakuumofen zuerst auf etwa 1000°C erhitzt und dann mit einem Stickstoffstrom abgeschreckt. Die im Vergleich zur Ölabschreckung sanftere Gasabschreckung minimiert die während des Abschreckens auftretenden Spannungen, so dass auch bis zu sechs Tonnen schwere Formen nicht zerbrechen. Die derart gehärteten Formen werden nun mehrmals auf etwa 550°C erwärmt, um dem Stahl genau solche Zähigkeitswerte zuzuordnen, die er für die Produktion von bis zu 100.000 Druckgussteilen braucht. Diese Veränderung der mechanischen Eigenschaften ist auf mikrostrukturelle Prozesse im atomaren sowie im Nanometerbereich zurückzuführen, welche durch die Beigabe von Legierungselementen wie Chrom, Molybdän und Vanadium gezielt beeinflusst werden.

Die Aufgabe der Wärmebehandlung ist es demnach, die Druckgussformen für den Serienbetrieb fit zu machen. Paradoxerweise stellt jedoch genau die Wärmebehandlung die allergrößte thermische und mechanische Belastung dar, was nun das Materials Center Leoben (MCL) ins Spiel bringt. Die Beschreibung des gesamten Wärmebehandlungsprozesses wird am MCL sowohl durch eine gründliche experimentelle Werkstoffcharakterisierung mittels Versuchswärmebehandlungen unter realen Bedingungen als auch unter Einsatz modernster Simulationsmethoden auf Mikro- und Makroebene durchgeführt. Dadurch ist es möglich, die während der Wärmebehandlung auftretenden Belastungen numerisch zu berechnen und genaue Vorhersagen über die örtliche und zeitliche Entwicklung von ungünstigen Spannungszuständen und die Härteentwicklung treffen zu können. Die numerische Berechnung der während der Wärmebehandlung auftretenden mikrostrukturellen Vorgänge ermöglicht an die Geometrie angepasste individuelle Wärmebehandlungsprozesse und das Design von optimierten Formen. Dadurch lässt sich einerseits das Brechen von Formen während des Härtens gezielt vermeiden, andererseits lassen sich damit die Lebensdauer der Formen und die Qualität der Druckgussbauteile steigern. Insgesamt wird damit die Wirtschaftlichkeit des Produktionsprozesses Druckgießen gesteigert.

Bedeutung

Durch die Erkenntnisse aus diesem Projekt wird einerseits das Risiko von Rissbildungen und Brüchen der Formen während der Wärmebehandlung drastisch gesenkt. Andererseits wird die Lebensdauer dieser Formen im Einsatz durch das maßgeschneiderte Gefüge und die damit verbundenen verbesserten mechanischen Eigenschaften erhöht. In einem durch immer schnellere Produktionszyklen und beständigem Preisdruck gekennzeichneten Automobilsektor stellt dieses vom Materials Center Leoben entwickelte Know-how fu?r die Georg Fischer GmbH ein wichtiges Werkzeug dar, um international wettbewerbsfähig zu bleiben und die heimischen Arbeitsplätze in Altenmarkt zu sichern.