Fertigungsprozesse

Bearbeitungs- bzw. Fertigungsprozesse, die ein Werkstoff während der Herstellung durchläuft, wirken sich stark auf dessen Eigenschaften im Einsatz aus und sind ein zentrales Forschungsthema am MCL.

Die  Wärmebehandlung spielt dabei eine zentrale Rolle für die endgültigen Bauteileigenschaften. Die Erforschung und Entwicklung von gezielten Wärmebehandlungsführungen und deren Auswirkungen auf die Werkstoffeigenschaften zählt daher zu einem zentralen Forschungsthema im Bereich Werkstofftechnik. 

Im Wesentlichen konzentriert sich der Bereich dabei derzeit auf die folgenden Bereiche:

  • Vakuumwärmebehandlung von hochlegierten Stählen
  • Induktive Kurzzeitwärmebehandlung
  • Thermochemische Randzonenmodifizierung
  • Eigenspannungsreduktion beim Härten

 

Im Bereich der Fertigungsprozesse umfassen die Forschungsschwerpunkte am MCL unter anderem folgende Themen:

Induktive Wärmebehandlung gekoppelt mit inverser Prozesssimulation

Induktive Wärmebehandlung bietet diverse Vorteile gegenüber der herkömmlichen Ofenwärmebehandlung wie z.B. kürzere Prozesszeiten. Da die optimale Einstellung der Prozessparameter der induktiven Wärmebehandlung komplex ist, verfügt das MCL über zwei Einrichtungen zur physikalischen Simulation von Induktions-Wärmebehandlungsprozessen: eine Labor-Induktionsanlage und ein Abschreckdilatometer mit induktiver Erwärmung.

Damit ist es möglich im Labormaßstab die Einflüsse schneller Aufheizprozesse auf das Gefüge sowie auf mechanische Eigenschaften anhand von realen, achsensymmetrischen Bauteilen zu charakterisieren. Gekoppelt mit Finite Elemente Simulation können dann Prozessparameter evaluiert und abgestimmt werden, um die schnelle Wärmebehandlung auf das betrachtete Material und andere Querschnitte anzupassen.

Im Vordergrund der derzeitigen grundlegenden Forschungstätigkeiten stehen vor allem die Auswirkungen der kurzen Interaktionszeiten bei Austenitisierungs- und Anlassprozessen auf die Mikrostrukturentwicklung und die daraus resultierenden mechanischen Eigenschaften eines 50CrMo4-Vergütungsstahls.

Thermochemische Randzonenmodifizierung

Durch thermochemische Diffusionsprozesse wie z.B. Nitrieren lassen sich Ermüdungsfestigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit erhöhen. Auch die Verbesserung von Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit sind häufig Motivation für die Anwendung eines Nitrierverfahrens.

Für die Forschungsaktivitäten am MCL von besonderem Interesse sind der Aufbau, die Struktur und die Eigenschaften von thermochemischen Randzonen in Abhängigkeit des eingesetzten Verfahrens. Besonderer Fokus liegt hier bei hochlegierten Stählen, z.B. Warmarbeitsstählen wie dem X40CrMoV5-1.

Durch den Mechanismus der Ausscheidungshärtung ermöglicht das fein justierbare Plasmanitrieren eine Erhöhung der Lebensdauer durch eine gradierte Härtung und das Einbringen von Druckeigenspannungen in die Randschicht bei gleichzeitiger Verbesserung der Verschleißbeständigkeit.

Zur anwendungsspezifischen Einstellung dieser Randzone und zum Verständnis des Einflusses der Legierungselemente wird ein multimethodischer Charakterisierungsansatz unter Einbindung der Forschungspartner des MCL verfolgt. In zukünftigen Aktivitäten wird neben den experimentellen Methoden auch die thermokinetische Simulationssoftware MatCalc zur Vorhersage der Ausscheidungsbildung angewandt.

Eigenspannungsreduktion beim Härten großer Bauteile

Die Kontrolle von wärmebehandlungs- bzw. prozessführungsbedingten Eigenspannungen spielt speziell bei großen Bauteilabmessungen aufgrund der thermischen Trägheit der Kernbereiche eine besondere Rolle. Zusätzlich führt das Überschreiten eines kritischen Spannungsniveaus beim Öl- und Wasserhärten von Stählen aufgrund hoher Temperaturgradienten immer wieder zu Härterissen und somit üblicherweise zum Ausschuss der gesamten wärmebehandelten Charge. 

Ziel aktueller Forschungsarbeiten ist es, durch das Verhindern von Härterissen beim Abschrecken die Lebensdauer von massiven Druckgussformen zu erhöhen. Dazu werden Multiphasensimulationsmethoden und -modelle entwickelt, die unter Berücksichtigung der beim Abschrecken auftretenden Phasenumwandlungen und der damit verbundenen Umwandlungsplastizität die Vorhersage der Eigenspannungsentwicklung im Bauteil ermöglichen.

Ebenso werden am MCL die beim Härten auftretenden komplexen Belastungssituationen durch gezielte, instrumentierte Wärmebehandlungsexperimente nachgebildet. Durch Koppelung mit Finite-Elemente-Simulationen können dann kritische Bereiche in der Bauteilgeometrie identifiziert und die Prozessführung für das Härten hinsichtlich eines günstigen Eigenspannungszustands optimiert werden.