MCL – MATERIALS CENTER LEOBEN FORSCHUNG GMBH
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Stapelfehlerenergien in Stählen
Um die Auswirkung von Kohlenstoff auf die Energetik von Versetzungen in Eisen zu
untersuchen, wurde das System atomistisch modelliert (Abbildung 3). Dabei wur-
de ein Stapelfehler in das Modell mit einbezogen und das C-Atom in verschiedenen
Abständen zum Stapelfehler eingebracht.
Um eine statistische Verteilung der C-Atome bezüglich ihres Abstandes zum Stapel-
fehler zu simulieren, wurde zuerst die
γ
-
Oberfläche für jeden Abstand einzeln berech-
net, um daraus dann die gemittelte
γ
-
Oberfläche zu bestimmen, wie sie der makros-
kopischen Situation entspricht (Abbildung 4).
Temperaturabhängige Stapelfehlerenergie in Fe-22.5at-%Mn
In der Materialentwicklung von Stählen ist die Stapelfehlerenergie ein wichtiger
Parameter. Speziell in Hoch-Mangan-Stählen besteht ein direkter Zusammenhang
zwischen plastischer Deformierbarkeit und Stapelfehlerenergie. Als typischer Vertre-
ter der Hoch-Mangan-Stähle wurde Fe mit 22.5at-%Mn atomistisch modelliert und
alle Beiträge der Freien Energie als Funktion der Temperatur mit Hilfe von Ab-initio-
Rechnungen bestimmt. Aufgrund des komplizierten Wechselspiels von chemischer
Zusammensetzung, Kristallstruktur, Gitterausdehnung und Magnetismus wurden
neue Methoden entwickelt, um alle Effekte im Material vollständig berücksichtigen
zu können. Auf diese Weise gelang es, die Stapelfehlerenergie komplett im Rahmen
von Ab-initio-Rechnungen vorherzusagen, wobei angesichts der Komplexität eine
hervorragende Übereinstimmung mit dem Experiment gefunden wurde (Abbildung
5).
Zudem wurde die Änderung der Stapelfehlerenergie mit der Temperatur genauer
analysiert: Der elektronische Beitrag zur Freien Energie ist hier wesentlich, während
sich der magnetische Entropiebeitrag mit der Temperatur nur wenig ändert. Die Än-
derung des elektronischen Beitrages geht dabei auf die Temperaturausdehnung des
Gitters zurück, welche die innere Energie des Systems senkt. Neben der Stapelfeh-
lerenergie ist in Abbildung 5 auch die treibende Kraft für die hcp
>
fcc-Umwandlung,
Δ
G(T) = G
hcp
(
T) - G
fcc
(
T)
,
dargestellt. Der Übergang vom negativen in den positiven
Bereich liegt bei 375 K, was mit der experimentellen Abschätzung von 412 K sehr gut
übereinstimmt.
Abb. 3: Atomare Struktur von
Fe24C (Fe-0.9 wt. % C). Im Bild
das Modell mit Kohlenstoff
direkt am Stapelfehler.
Abb. 4:
γ
-
Oberfläche für Fe24C für eine statistische Verteilung
der C-Atome.
Abb. 5: Beitrag der elektronischen Freien Energie
(
Δ
F
el
)
und magnetischen Entropie (
T
Δ
S
mag
)
zur
temperaturabhängigen Stapelfehlerenergie (SFE) von
Fe-24at.%Mn. Die treibende Kraft für den hcp
>
fcc
Übergang,
Δ
G
,
ist in blau dargestellt.
GESCHÄFTSBEREICHE MCL
UND LABORAUSSTATTUNG
Atomistic Modelling