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Leicht und trotzdem sicher – Schadens-tolerantes Design

„Fitness-for-Purpose“ von Bauteilen und Komponenten

Was nach einem Gesundheits-Programm klingt, ist die technische Beschreibung der Gebrauchstauglichkeit von Strukturen, die einen wichtigen Forschungsschwerpunkt am Materials Center Leoben darstellt. Der Hintergrund: Ein ständiger Druck in Richtung Material- und Energieeffizienz führt in allen Branchen zur Herausforderung, immer leichtere Bauteile mit weniger Materialeinsatz zu realisieren. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden:

  • mit dem Einsatz festerer Werkstoffe,
  • mit dem Einsatz leichterer Werkstoffe mit hoher Festigkeit,
  • durch verbesserte Konstruktion, oder
  • durch optimierte Fertigung mit gezielter Eigenschaftsoptimierung in den höchstbelasteten Zonen von Bauteilen.

Generell werden dabei Werkstoffe in einem höheren Maße ausgenutzt als das bisher der Fall war, d.h. man geht näher an Anwendungsgrenzen heran. Das ist aber nur dann sicher möglich, wenn die Werkstoffe und deren Verhalten entsprechend gut verstanden und beschrieben werden können.

Die Herausforderung der kleinen Fehler

Eine besondere Herausforderung ergibt sich daraus, dass Werkstoffe im Allgemeinen nicht frei von Fehlern sind und dass es selbst mit den modernsten heute verfügbaren Prüfmethoden nicht gelingt, alle Fehler aufzuspüren. Wir müssen daher davon ausgehen, dass kleine unentdeckte Fehler in jedem Werkstoff bzw. Bauteil vorhanden sind, die aber trotzdem nicht zum Versagen führen dürfen. Bei diesen Fehlern handelt es sich häufig um Poren oder Mikrorisse, die im Einsatz Ausgangsstellen für Ermüdungsrisse darstellen.

Von Schädigung infolge von Werkstoffermüdung spricht man bei wiederholter Belastung, dabei ist oft langsames Risswachstum, ausgehend von kleinen inneren Fehlern entscheidend für die Lebensdauer bzw. die Ausfallwahrscheinlichkeit. Wenn diese inneren Fehler während der geplanten Lebensdauer trotzdem nicht zum Versagen führen, so spricht man von schadenstolerantem Design.

In sehr aufwendigen Untersuchungen ist das Materials Center Leoben dem Wachstumsverhalten von kleinen Rissen auf der Spur. Kleine Risse verhalten sich anders als lange Risse, vor allem wachsen sie viel schneller. Die Charakterisierung des Verhaltens von kleinen Rissen erfordert ausgeklügelte experimentelle Untersuchungsmethoden und die Erstellung von neuen Berechnungsmodellen zur Beschreibung des Risswachstumsverhaltens.

Software zur Berechnung des Verhaltens kurzer Risse bei Ermüdungsbeanspruchung

Zur Simulation des Verhaltens kurzer Risse wurde am MCL eine eigene Software entwickelt. Mit dieser Software lassen sich für Komponenten die erwartete Lebensdauer oder notwendige Serviceintervalle berechnen, für den Fall, dass sie kleine Risse beinhalten oder wenn kleine Risse wegen der Detektionsgrenzen der angewandten zerstörungsfreien Prüfverfahren angenommen werden müssen.

Durch Zusammenführen von Kurzrisswachstumssimulation mit spannungsmechanischen Bauteilberechnungen und kritischen Materialkennwerten, wie z.B. Bruchzähigkeit, lassen sich Bauteillebensdauern wesentlich zuverlässiger als bisher vorhersagen. Mit den vorhandenen experimentellen und numerischen Methoden verfügt das MCL über die geeigneten Methoden, um Komponenten Fit-für-den-Einsatz zu machen.

Bedeutung

Die neuen verfügbaren Untersuchungsmethoden und Risswachstumsmodelle werden bereits in ersten Projekten genutzt. Die wichtigsten Anwendungen umfassen Konzepte für das Damage Tolerant Design sowie für die Festlegung von Inspektionsintervallen für hochbelastete Komponenten aus den Bereichen Druckspeicherleitungen, Elektrogeneratoren und Eisenbahn.