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Was tun, damit dünne Bohrer nicht brechen?

Je dünner Bohrer sind, desto leichter brechen sie. Diese Erfahrung macht jeder Heimwerker, der dann und wann in den Baumarkt fahren muss, um neues Werkzeug zu besorgen. Was hier nur lästig ist, geht in der Industrie ins Geld. Das MCL begab sich auf die Suche nach Lösungen für Bohrer, die unter extremen Bedingungen arbeiten.

So werden beispielsweise bei Dieseleinspritzdüsen aus Vergütungsstahl über 100 mm tiefe Löcher gebohrt, die nur 2 mm Durchmesser haben. Bei der Serienproduktion der Einspritzdüse wirken sich Werkzeugausfälle doppelt negativ auf die Stückkosten des bearbeiteten Werkstücks aus: Einerseits ist die Herstellung der speziellen Bohrer kostenaufwändig, andererseits bewirkt der Werkzeugwechsel einen zusätzlichen Zeitaufwand, der die Produktivität verringert.

Die Materialforschung des MCL ergab, dass der wesentliche Faktor für das Brechen der Bohrer die Länge der Späne ist. Diese Späne sind an ihrer dünnsten Stelle nur ~ 40 um dick (ca. halb so dick wie ein Menschenhaar) und bis zu einigen Zentimetern lang. Bilden sich zu lange Späne, so können sich diese im Bohrloch verfangen und den Bohrer blockieren, der dann unweigerlich bricht.

Aber warum fallen die Bohrspäne einmal länger, dann wieder kürzer aus? Mit experimentellen Untersuchungen und der Kontrolle der Ergebnisse mit hochauflösenden REM-Bildern wurde klar: Der Stahl, in den die Löcher gebohrt werden, hat mikroskopisch kleine Einschlüsse nichtmetallischer Materialien, die bereits bei der Stahlherstellung entstehen. Viele dieser Einschlüsse sind härter als die sie umgebende Stahlmatrix und genau diese Partikel begünstigen das gewünschte Brechen der Späne.

Mit Hilfe der „Finite Elemente Simulation“ des Spanbildungsprozesses konnten die Auswirkungen der Bohrergeometrie (Verschleißzustand), des Reibverhältnisses zwischen Span und Bohrer (Werkzeugbeschichtung) und der Prozessparameter (Schnittgeschwindigkeit und Vorschub) auf die erzielte Spangeometrie (Spandicke) und die erzielte Bohrerbelastung (lokale Spannungen und Temperaturen, globale Kräfte) entkoppelt betrachtet werden. Diese entkoppelte Betrachtungsweise ermöglichte in Verbindung mit gezielten experimentellen Untersuchungen ein besseres Verständnis der kritischen Prozessparameter für die Spanbildung und den Spanbruch.

Bedeutung

Durch das detaillierte Verständnis der wesentlichen Einflüsse auf das Tieflochbohrverhalten konnten wir gezielte Maßnahmen auf der Werkstoffseite sowie auch bei der Wahl der Bohrparameter zur Verbesserung der Prozesssicherheit ableiten.