Success Stories

KI-Turbo für Entwicklung bainitischer Stähle

Mit Hilfe von KI-unterstützten Modellen wird die Entwicklungszeit nachhaltiger Hochleistungsstähle drastisch reduziert.

Skizze zur MCL Materials Accelerator Platform, Zusammenstellung: MCL

Gegenüberstellung der Trainingsdaten mit den experimentellen Ergebnissen der Legierungsvorschläge des ALL wodurch optimierte Eigenschaftskombinationen für bainitische Stähle erzielt werden (blaue Fläche: Stand der Technik; orange Fläche: optimierte Eigenschaftskombinationen).

Künstliche Intelligenz (KI) bildet den Überbegriff für selbst-lernende Systeme und wird am Materials Center Leoben (MCL) sowohl erforscht (IC-MPPE Projekt Hybrid 2.0) als auch angewendet um die Entwicklung neuartiger Hochleistungswerkstoffe zu beschleunigen (IC-MPPE Projekt MCacceL). Ein Fokus liegt dabei auf Stählen mit sogenannter bainitischer Mikrostruktur. Diese Art von Stählen besitzen das Potential, Energie und somit CO2 Emissionen während der Herstellung einzusparen, da sie weniger Wärmebehandlungsschritte als vergleichbare konventionelle Stähle benötigen.


Am Anfang des KI-unterstützten Stahldesigns steht die Definition von Zielgrößen und von Einstellgrößen im Designraum. Die Zielgrößen bezeichnen Kennwerte des Materials, die optimiert werden sollen. Im Fall der bainitischen Stähle sind dies Dehngrenze und Gleichmaßdehnung. Die Einstellgrößen bezeichnen Parameter mit deren Hilfe die Zielgrößen optimiert werden können, wie chemische Zusammensetzung und Wärmebehandlungsparameter. Im aktuellen Projekt werden die Gehalte der Legierungselemente Kohlenstoff, Silizium, Aluminium, Mangan, Chrom, Vanadium und Molybdän als Einstellgrößen definiert sowie ein Wärmebehandlungsparameter (isotherme Haltetemperatur). Bei der Wahl der Einstellgrößen wird aus Gründen der Nachhaltigkeit [1] auf Legierungselemente wie Nickel und Cobalt verzichtet.


Als zentraler Ansatz zur Optimierung von bainitischen Stählen am MCL wird der sogenannte Active Learning Loop (ALL) verwendet. Dabei handelt es sich um einen iterativen Prozess in dessen Zentrum ein probabilistisches Materialmodell steht, das zum einen Vorschläge für neue Stähle generiert und zum anderen durch die gezielte experimentelle Erprobung dieser Vorschläge lernt. Dadurch verbessert sich die Vorhersagegenauigkeit des Materialmodells für den nächsten Vorschlag.
 
 
Abbildung 1 zeigt die verwendeten Trainingsdaten (grüne und blaue Punkte) sowie die experimentelle Überprüfung der Legierungsvorschläge des ALL (orange Punkte). Hinter jedem der Datenpunkte steht eine definierte chemische Zusammensetzung sowie definierte Wärmebehandlungsparameter. Bereits die ersten Vorschläge des ALL beinhalten bainitische Stähle, die Eigenschaftskombinationen aufweisen, die über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen (Erweiterung von blauer zu oranger Fläche). Diese neuen experimentellen Datenpunkte werden in weiterer Folge zur Verbesserung des probabilistischen Modells verwendet mit dessen Hilfe die zweite Vorschlagsserie für verbesserte bainitische Stähle durchgeführt wird. Im Zuge des laufenden Projekts werden in Summe vier dieser Vorschlagsserien durchgeführt und somit neue und nachhaltige Hochleistungsstähle erforscht.


Wirkungen und Effekte
Der vorgestellte KI-unterstützte Modellierungsansatz des ALL veranschaulicht, wie Materialentwicklung und -optimierung im Vergleich zu klassischen Trial-and-Error-Ansätzen zukünftig beschleunigt werden können. Er stellt die Basis für Adaptionen in Richtung anderer Werkstoffklassen und Optimierungsaufgaben für Materialeigenschaften dar, an welcher das MCL gemeinsam mit seinen wissenschaftlichen und industriellen Partnern zusammenarbeitet.
[1] Europen Comission: Critical raw materials, https://rmis.jrc.ec.europa.eu/

 

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Projektkoordination (Story)
Dr. Dominik Brandl
Senior Scientist Steel Engineering
Materials Center Leoben Forschung GmbH

T +43 (0) 3842 45922-62
Dominik.brandl@mcl.at


IC-MPPE / COMET-Zentrum
Materials Center Leoben Forschung GmbH
Roseggerstrasse 12
8700 Leoben
T +43 (0) 3842 45922-0
mclburo@mcl.at
www.mcl.at


Projektpartner
 
•    Montanuniversität Leoben, Österreich
•    Technische Universität Wien, Österreich
•    The University of British Columbia, Kanada
•    Institute of Physics of Materials, Tschechien

 

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