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Eine erhellende Methode für Elektrokeramiken

Eine neue theoretische Methode hilft, tiefere Erkenntnisse aus Raman-Messungen von Keramiken für Energiespeicher zu gewinnen.

Das Raman-Spektrum einer Keramik setzt sich aus den Spektren der individuellen Körner zusammen. Bild: MCL

Abb. 1. Identifizierung eines atomaren Defekts in reinem und Nb-dotiertem BaTiO3 durch Kombination von Raman-Messungen mit DFT-Vorhersagen. https://doi.org/10.1002/aelm.20210081

Wenn man an Keramik denkt, kommen einem oft als erstes Töpferwaren, feines Porzellan, Dach- und Bodenfliesen und sogar Ziegelsteine in den Sinn. Keramische Werkstoffe werden jedoch auch in allen Arten von elektronischen Geräten verwendet, die uns umgeben. Keramik wird vor allem in Kondensatoren verwendet, einem der Grundbausteine elektrischer Schaltkreise, deren Aufgabe es ist, Ladung und letztlich Energie zu speichern.

Es werden laufend Anstrengungen unternommen, die keramischen Materialien für die Energiespeicherung zu verbessern, um die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu erweitern und sie umwelt-freundlicher zu machen, z. B. durch die Suche nach neuen Zusammensetzungen, die kein Blei enthalten. Hier ist ein tiefes Verständnis der Chemie und der Struktur bis hinunter auf die atomare Ebene von entscheidender Bedeutung. Dieses Wissen lässt sich mit Hilfe der Raman-Spektroskopie in Verbindung mit theoretischen Methoden zur Vorhersage von Raman-Spektren gewinnen. Bei diesem Ansatz wird die untersuchte Keramik mit Laserlicht bestrahlt und das gestreute Licht analysiert. Letzteres enthält eindeutige Informationen über die chemische Zusammensetzung und die Art und Weise, wie die Atome aneinander gebunden sind.

Strukturelle Eigenschaften wie Phasen, atomare Defekte und Eigenspannungen hinterlassen im Raman-Spektrum ihre "Fingerabdrücke" in Form von speziellen spektralen Merkmalen. Die eindeutige Zuordnung eines gemessenen Merkmals zu einer bestimmten Struktureigenschaft ist jedoch sehr anspruchsvoll. Hier kann die Berechnung von Raman-Spektren mittels Dichtefunktionaltheorie (DFT) einen unschätzbaren Beitrag leisten.

Bislang wurde dieser Ansatz hauptsächlich für die Vorhersage von Spektren für Einkristalle entwickelt. Keramische Materialien bestehen jedoch aus kleinen Kristalliten, so dass ein Mittelungsverfahren erforderlich ist, um die Spektren angemessen vorherzusagen. Der bisher verwendete Standardansatz berücksichtigte außerdem nicht die wichtigen Merkmale polarer Materialien, die für die Elektrokeramik von großer Bedeutung sind. Daher wurde am Materials Center Leoben (MCL) eine neue Methode namens "Spherical Averaging Method" entwickelt.

Diese Methode hat die Vorhersagekraft der theoretischen Raman-Spektroskopie erheblich verbessert, insbesondere wenn sie auf polare ferroelektrische Keramiken wie Bariumtitanat (BaTiO3) angewendet wird. Abb. 1 zeigt ein Beispiel für den Nachweis atomarer Defekte in BaTiO3 mit unserer Methode. Wenn dieses Material mit Niob (Nb) dotiert ist, ändern sich die gemessenen Spektren. Die mit unserer neuen Methode vorhergesagten Raman-Spektren ermöglichen eine eindeutige Identifizierung des atomaren Ursprungs dieser Veränderungen: Sie stammen von Ti-Leerstellen, die durch die Nb-Dotierung entstehen.

 

 

Projektkoordination (Story)
Marco Deluca, Priv.-Doz. Dr.
Deputy Group Leader Sensor Solutions
Materials Center Leoben Forschung GmbH
T +43 (0) 3842 45922-0
marco.deluca(at)mcl.at

 

 

Project partners

•    CNR-ICMATE, Italien
•    Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Tschechien

 

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