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Physik trifft KI zur CO2-reduzierten Herstellung von Stahlprodukten

Die Herstellung hochwertiger Stahlprodukte mit maßgeschneiderten Eigenschaften und reduziertem CO2-Fußabdruck ist durch den Einsatz physikalisch informierter künstlicher Intelligenz möglich.

Die Architektur eines Hybridmodells (Machine Learning + physikalisches Modell) zur Vorhersage der Mikrostruktur von Stählen nach deren Verarbeitung. Ein neuronales Netz (ANN) bestimmt die Modellparameter eines physikalisch basierten kinetischen Modells unter Berücksichtigung der Prozessparameter wie Zieltemperatur und Abkühlgeschwindigkeit. Bild: MCL

CO2 reduzierte Produktion von Rohstahl mit optimiertem Recyclinganteil. Die Herstellprozesse können in Zukunft flexibel geregelt werden, um gewünschte Produkteigenschaften ein-zustellen. Bild: voestalpine

Die Herstellung von high-end Stahlprodukten ist essenziell für Branchen wie Energietechnik und Automobilbau. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft spielt die Entwicklung neuer Herstellrouten mit reduziertem CO2-Fußabdruck eine große Rolle, wobei klassische „Trial and Error“ Ansätze, bei denen Legierungs-elemente und Wärmebehandlungszyklen empirisch variiert werden, vermieden werden sollen. Die finale Wärmebehandlung eines Stahlprodukts spielt eine entscheidende Rolle für die Mikrostruktur und die mechanischen Eigenschaften. Durch eine intelligente Optimierung der Wärmebehandlungsprozesse ist es möglich, Herstellrouten mit mehr Recyclinganteil und gleichen oder sogar besseren Materialeigenschaften zu entwickeln und gleichzeitig die verbundenen Entwicklungskosten zu senken.


Physikalisches Verständnis und Modellierung von Phasenumwandlungen
Die chemieabhängige Modellierung von Phasenum-wandlungen in Stählen während Wärme-behandlungen ist ein wichtiger und aktiver Forschungsbereich, da dies für die Einstellung der resultierenden Mikrostruktur und der mechanischen Eigenschaften von wesentlicher Bedeutung ist. Zur Beschreibung der Kinetik von Phasenumwandlungen wurde eine breite Palette von Modellen entwickelt, darunter empirische und physikalisch basierte Ansätze. Aufgrund der Komplexität der beteiligten Phänomene sind diese Modelle jedoch häufig auf bestimmte Bedingungen beschränkt und sind für industrielle Anwendungen nicht allgemein anwendbar.


Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens, der Big-Data-Analytik und der GPU-Rechenleistung haben neue Wege für die Entwicklung anspruchsvoller Modellierungsansätze eröffnet. Am MCL wird das Fachwissen in der Materialwissenschaft in Modelle des maschinellen Lernens integriert, um hocheffiziente, auf industrielle Anwendungen zugeschnittene Lösungen zu schaffen. Auf Basis eines breiten Feldes an Wärmebehandlungsdaten des Industriepartners voestalpine wurde ein Hybridmodell entwickelt und trainiert. Ein künstliches neuronales Netz (ANN) wird eingesetzt, um die Materialparameter des physikalischen Modellteils zu bestimmen, die experimentell schwer messbar sind. Diese Parameter hängen im Allgemeinen von der chemischen Zusammensetzung der Stahlsorte, der Wärmebehandlungstemperatur und der Abkühl-geschwindigkeit ab. 


Wirkungen und Effekte 
Das entwickelte Hybridmodell ermöglicht eine gleichzeitige quantitative Beschreibung von Bestandteilen der Mikrostruktur. Langfristiges Ziel ist, solche Modelle in industrielle Produktionslinien zu nutzen, um eine intelligente Steuerung und Optimierung von Produktionsprozessen zu ermöglichen. Dadurch wird es möglich, Stahlprodukte des Hochqualitätssegments mit einem Recyclinganteil von bis zu 60 % oder in Einzelfällen sogar 90 % herzustellen – im Gegensatz zu den derzeit üblichen 20 %. Dieser Ansatz ebnet somit den Weg für eine umweltfreundlichere und kosteneffizientere Stahlproduktion, die flexibel auf zur Verfügung stehende primäre und sekundäre Rohstoffe reagieren kann.

 

Projektkoordination (Story)
Dr. Peter Raninger
Group Leader Digital Manufacturing Processes
Materials Center Leoben Forschung GmbH
peter.raninger(at)mcl.at



IC-MPPE / COMET-Zentrum
Materials Center Leoben Forschung GmbH
Roseggerstrasse 12
8700 Leoben
T +43 (0) 3842 45922-0
mclburo(at)mcl.at
www.mcl.at


Projektpartner
 
•    Materials Center Leoben Forschung GmbH
•    voestalpine Stahl GmbH, Österreich
•    Montanuniversität Leoben, Österreich
•    FH OÖ Forschung und Entwicklung GmbH, Österreich
•    voestalpine Wire Rod Austria GmbH, Österreich
•    voestalpine Forschungs-servicegesellschaft Donawitz GmbH, Österreich
•    TU Wien, Österreich

 

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