In der Mikro- und Leistungselektronikindustrie spielen die Zuverlässigkeit und Lebensdauer von elektrischen Verbindungstechnologien eine maßgebliche Rolle. Oft werden dutzende von Lotbällen eingesetzt, um die elektrische Verbindung zwischen Chip und Leiterplatte aufrecht zu erhalten. Die Unversehrtheit dieser Lotbälle ist unerlässlich für die Funktionalität des elektronischen Bauteils.
Um nachhaltigere Verbindungstechnologien entwickeln zu können, ist daher das grundlegende Verständnis der Schädigungsmechanismen in solchen Lotverbindungen unumgänglich. Dieses Verständnis bleibt jedoch, speziell in bleifreien Loten, ein aktives Forschungsgebiet in der Materialwissenschaft.
Zinnbasierte Lote haben bleibasierte Lote in der Elektronikindustrie weitgehend aufgrund gesundheitlicher und umwelttechnischer Bedenken ersetzt. Dennoch gibt es Aspekte der Ermüdung und Lebensdauerminderung bei Temperaturwechsel dieser zinnbasierten Lote, die bisher wissenschaftlich unvollständig erforscht sind. Legiert man etwa Bismut hinzu, verlängert sich die Lebensdauer signifikant. Dieser Ansatz hat das Potential, die mikrostrukturelle Degradation dieser nachhaltigen Lote maßgeblich zu verzögern.
Um gezielt die Auswirkungen auf Risse und Poren in verschiedenen Lotlegierungen nach zyklischem Temperaturwechsel zu untersuchen, wurde ein Machine Learning (ML) basierter Workflow entwickelt, der die Schädigung in ganzen elektronischen Bauteilen zerstörungsfrei und in 3D visualisiert und quantifiziert.
Wirkungen und Effekte
Die 3D-Visualisierung der Elektronikbauteile erfolgt über zerstörungsfreie Röntgentomografie. In den Tomografievolumina lassen sich verschiedene Materialien aufgrund ihrer verschiedenen Dichten unterscheiden. So können Zinnlotbälle von ihrer Luftumgebung und von Kupfermetallisierungen unterschieden, sowie Poren und Risse im Lot identifiziert werden. Anschließend identifiziert das entwickelte ML-Modell jeden einzelnen Lotball im Tomografievolumen und ein zweites Modell segmentiert die im Lotball vorhandenen Risse und Poren. Der Workflow liefert also mit geringem experimentellem Aufwand detaillierte ortsaufgelöste Informationen über die Lotschädigung im Bauteil.
Die Ortsauflösung der Methode ermöglicht sowohl statistische als auch gezielte Ursachenforschung. Die Mikrostrukturmodellierung ermöglicht eine detaillierte Analyse der erkannten Phänomene in den Lotverbindungen. Durch die Untersuchung der Materialstruktur auf mikroskopischer Ebene können die Einflüsse verschiedener Faktoren auf die Lebensdauer der Lötstellen bewertet werden. Diese Analysen liefern wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung von Maßnahmen zur Verlängerung der Lebensdauer der Lötstellen.
Projektkoordination (Story)
Priv.-Doz. Dr. Roland Brunner
Group leader material and damage analytics
Materials Center Leoben Forschung GmbH
roland.brunner(at)mcl.at
IC-MPPE / COMET-Zentrum
Materials Center Leoben Forschung GmbH
Vordernberger Straße 12
8700 Leoben
T +43 (0) 3842 45922-0
mclburo(at)mcl.at; www.mcl.at
Projektpartner
• Materials Center Leoben Forschung GmbH, Österreich
• KAI Kompetenzzentrum Automobil- und Industrieelektronik GmbH, Österreich
• Infineon Technologies AG, Deutschland
• Montanuniversität Leoben, Österreich