Die Produktion von Stahl für Automobil- und Konstruktionsanwendungen erzeugt große Mengen an CO2, welche durch erhöhte Recyclinganteile reduziert werden können. Veränderte Ausgangsmaterialien mit höheren Recyclinganteilen verlangen eine Anpassung der Prozesse, um eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Die Stahlherstellung ist jedoch komplex und eine Anpassung erfordert ein genaues Verständnis, wie einzelne Prozesse die Produkteigenschaften beeinflus-sen. Hier kommen moderne Modellierungsansätze der künstlichen Intelligenz (KI) ins Spiel. Diese Modelle sind in der Lage, aus großen Datenmengen komplexe Zusammenhänge zu extrahieren.
Ein meist unberücksichtigter Aspekt ist, dass alle Mess-daten eine gewisse Unsicherheit aufweisen. Dazu kommt, dass die von der KI gelernten Zusammenhänge nur dort genau sind, wo ausreichend Daten vorhanden sind. Für Prozessbedingungen, welche nicht oder nur gering im Datensatz vertreten sind, steigt daher die Unsicherheit des Modells.
Im Projekt „TransMet“ wurden am MCL KI-Modelle auf industrielle Daten zur Stahlherstellung trainiert, welche auch Unsicherheiten in den Daten sowie im Modell selbst abbilden können. Die trainierten KI-Modelle wurden mit statistischen Methoden untersucht, um die gelernten Zusammenhänge zu extrahieren. Es konnte gezeigt werden, dass viele der gelernten Zusammenhänge eine physikalische Grundlage haben. Dieser Zugang erlaubt es, den Einfluss einzelner Elemente und Prozesseinstellgrößen in großen Datenmengen aufzuspüren, was Basis für eine Optimierung der Herstellungsroute ist. In einem weiteren Schritt wurden die KI-Modelle um vorhandenes physikalisches Wissen zu bekannten Prozessen verknüpft, um die KI-Modelle mit zusätzlichen Informationen zu erweitern.
Die entwickelten KI-Modelle werden nun verwendet, um den Einfluss von Verunreinigungen aus recyceltem Schrott zu bestimmen. Mit dem neuen Modell können Prozesse optimiert werden, damit trotz erhöhtem Recyclinganteil die hervorragenden Eigenschaften der Stähle erhalten bleiben. Am MCL wurde die Web-basierten Software SteelXplorer zur Visualisierung der Vorhersagen und den zugehörigen Unsicherheiten entwickelt, um Nutzern das KI-Modell zugänglich zu machen.
Wirkungen und Effekte
Die Herstellung von Stahl ist ein CO2-intensiver und energieaufwändiger Prozess. Die Verwendung von Schrott statt Primäreisen führt zu einer Reduktion von bis zu 1,67 Tonnen CO2 pro Tonne Stahl. Mit einem gründlichen Verständnis der Prozesseinflüsse auf die Stahleigenschaften kann sowohl Energie, als auch CO2 eingespart werden. Das ist umso mehr von Relevanz, wenn die Effekte von Verunreinigungen aus dem Recycling berücksichtigt und kompensiert werden müssen. Vor allem bei komplexen Prozessketten mit vielen hunderten Prozessen ist eine Modellierung mit klassischen Simulationsmethoden unmöglich.
Durch unsere Arbeit konnten wir zeigen, dass es möglich ist, vorhandenes Wissen in Form von physikalisch-basierten Modellen in datengetriebene Ansätze des maschinellen Lernens zu integrieren. Das ist von enormem Vorteil bei der Integration von bisher wenig erforschten Verunreinigungselementen, für welche die vorhandenen Datenmengen für eine rein datengetriebene Betrachtung nicht ausreichend sind. Das betrifft auch neue Prozessschritte, die für grünen Stahl mit reduziertem CO2-Ausstoß notwendig sind.
Die entwickelten Methoden bilden die Grundlage für eine KI-basierte flexible Adaptierung von Prozessketten für CO2-neutrale Stähle, bei denen der Einfluss von Verunreinigungen durch Anpassung der Prozessparameter auf Basis weniger zusätzlicher experimenteller Datenpunkte kompensiert werden kann.
Projektkoordination (Story)
Daniel Scheiber, Manfred Mücke, Peter Raninger
Key Researcher
Materials Center Leoben Forschung GmbH
T +43 (0) 3842 45922-511
daniel.scheiber(at)mcl.at
IC-MPPE / COMET-Zentrum
Materials Center Leoben Forschung GmbH
Vordernberger Straße 12
8700 Leoben
T +43 (0) 3842 45922-0
mclburo(at)mcl.at
www.mcl.at
Projektpartner
• Materials Center Leoben Forschung GmbH, Österreich
• voestalpine Stahl GmbH, Österreich
• Montanuniversität Leoben, Österreich
• FH OÖ Forschungs- und Entwicklungs- GmbH, Österreich
• voestalpine Wire Rod Austria GmbH, Österreich
• voestalpine Forschungsservicegesellschaft Donawitz GmbH, Österreich