Newsbeitrag

Industrienahe Spitzenforschung zu Energiespeicherung

Materials Center Leoben Forschung GmbH (MCL) in Zusammenarbeit mit der VARTA Micro Innovation GmbH, gelingt es innerhalb eines internationalen Konsortiums gefördert durch die EU, wichtige offene Fragen in Richtung zukünftiger hocheffizienter und industrierelevanter Lithium-Ionen-Batterien zu beantworten.

Dr. Roland Brunner (MCL)

Ohne effiziente Energiespeicher und einhergehende Kosteneffizienz wird es keine Energiewende geben. Die Frage die deshalb Wissenschaftler auf der ganzen Welt in diesem Zusammenhang beschäftigt ist: Wie kann Energie möglichst effizient, und über eine Vielzahl von Lade- und Entladezyklen gespeichert werden? Nicht nur Mobiltelefone, PKWs mit Elektro- und Hybridantrieben, E-Bikes, etc. sondern auch die Zwischenspeicherung von Energie aus grünen Energiequellen wie Sonne oder Wind nutzt hauptsächlich die Lithium(Li)-Ionen-Batterie basierte Technologie. Viele kennen aber das Problem, dass Geräte wie. z. B. das Mobiltelefone schon nach einer gewissen Zeit immer häufiger geladen werden müssen bzw. schnell ihre Leistung verlieren.

Eine wichtige Komponente innerhalb der Batterie stellt neben der Kathode die sogenannte Anode dar. Üblicherweise besteht die Anode aus Graphit. Hinsichtlich hoher Kapazität und Kosteneffizienz ist Silizium eine sehr gute Alternative. Es hat eine ungefähr zehnfach größere spezifische Kapazität als Graphit, gilt als ein kostengünstiges Material und ist nicht toxisch. Aber Silizium (Si) zeigt während des Ladevorgangs eine Volumenvergrößerung um bis zu 300%. Diese Vergrößerung erzeugt mechanische Spannungen die zu Rissen innerhalb der Anode führt, sowie die elektrische und Ionenleitfähigkeit negativ beeinflusst. Die Frage ist deshalb: Wie kann man die Vorteile von Si für kommende Li-Ionen Batterie Generationen nutzen und die bestehenden Nachteile verringern? Ein multidisziplinärer Ansatz kann hier neue Erkenntnisse bringen.

Forschung und technologische Umsetzung

Dazu wird in der Steiermark (Österreich) in enger Zusammenarbeit zwischen R. Brunner und seiner Gruppe am Material Center Leoben Forschung GmbH und B. Fuchsbichler, Projektleiter bei VARTA Micro Innovation GmbH und seinem Team im Rahmen eines internationalen Konsortiums federführend seit nun ungefähr vier Jahren Spitzenforschung zum Thema „Entwicklung von hoch effizienten Si-basierten Li-Ionen Batterien“, mit starkem Fokus auf eine industrielle Umsetzung, betrieben. Dazu wurde ein von der EU-H2020 gefördertes Projekt mit dem Titel „Silicon based materials and new processing technologies for improved lithium-ion batteries” - SINTBAT erfolgreich mit 2020 abgewickelt. Ein weiterführendes EU-Projekt mit dem Titel „Ecologically and Economically viable Production and Recycling of Lithium-Ion Batteries“ - ECO2LIB und eine Projektlaufzeit von vier Jahren wurde mit Projektstart 2020 innerhalb der sehr kompetitiven EU-H2020 Förderplattform bewilligt. Ziel des Folgeprojektes ist es die im SINTBAT begonnenen Arbeiten weiterzuführen und insbesondere eine nächste Generation von Si-basierten Li-Ionen Batterien mit verbesserten wirtschaftlichen als auch umweltrelevanten Kennzahlen auf den Markt zu bringen.

 

Innovatives Materialdesign

Am Materials Center Leoben Forschung GmbH (MCL) beschäftigt sich seit einigen Jahren ein interdisziplinäres Forscherteam rund um Dr. Roland Brunner mit der Charakterisierung von Materialien mittels 3D-Methoden sowie mit der computergestützten Auswertung der generierten Bilddaten. Innerhalb des EU-Konsortiums wird in enger Zusammenarbeit mit VARTA Micro Innovation GmbH die Struktur der Anode bis auf Mikro- und Nano-Skalen (kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares) materialwissenschaftlich so gestaltet, dass es zu verbesserten elektro-chemischen Eigenschaften hinsichtlich Energiedichte, Kapazität und Lebensdauer der Li-Ionen Batterie führt. „Das Verständnis der Struktur-Materialeigenschafts-Beziehungen ist hier der Schlüssel“ so Brunner. Dazu werden Abläufe zur Charakterisierung der Li-Ionen Zellen die sich in direktem Austausch mit der Produktion befinden, entwickelt. Es werden moderne bildgebende Verfahren zur Abbildung der Materialstruktur in drei Dimensionen genutzt. Dabei werden sogenannten Tomographie-Methoden im Labor als auch bei renommierten Großforschungseinrichtungen, wie der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble entwickelt und angewandt. Am MCL werden zudem Bildanalysealgorithmen entwickelt, um einen möglichst hohen Grad an materialwissenschaftlicher Information aus den Bilddaten generieren zu können. Diese extrahierten Informationen fließen direkt an die Entwicklung bei VARTA ein und werden mit den elektro-chemischen Untersuchungen korreliert. In weiterer Folge entstehen verbesserte Design-Richtlinien, die die Produktion von Anodenmaterialien über den Stand der Technik ermöglichen.

Die durchgeführten Arbeiten wurden beim „Innovation Radar“ der Europäischen-Kommission ausgezeichnet. Die jeweils von MCL und VARTA repräsentativen Personen R. Brunner und B. Fuchsbichler wurden in diesem Zusammenhang als „Key-Innovatoren“ benannt. Teile der dazu erzielten Ergebnisse wurden kürzlich in der qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Fachzeitschrift Communications Chemistry, einem Open Access Journal der Nature Research Publishing Group, veröffentlicht.

 

Zur Person

Dr. Roland Brunner leitet die Gruppe „Materials and Damage Analytics“ am MCL mit Fokus auf Energie und Mikroelektronik relevante Materialien. Er hat an der Montanuniversität Materialwissenschaften studiert und sein Doktorat in Materialphysik abgeschlossen. Nach mehreren Forschungs-Auslandsaufenthalten (USA, Japan) ist er seit 2012 am MCL. 2014 konnte er sich im Fachbereich Materialphysik habilitieren. Neben seiner Tätigkeit am MCL ist er Lecturer an der Montanuniversität Leoben und kooptiert an der Doktoratsschule Physik der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz. Kernthema seiner Arbeit stellt insbesondere die 3D/2D Bildgebende Charakterisierung der Morphologie/Struktur sowie die Erforschung von Struktur/Morphologie- Materialeigenschafts-Beziehungen dar. Ein wichtiger Punkt dazu, stellt die Entwicklung von Bildanalyse Algorithmen zur Quantifizierung der Morphologie dar. R. Brunner erhielt 2007 den Karl-Heinz Seeger Preis der ÖPG sowie 2012 den Forschungsförderungspreis des Landes Steiermark.

 

Fördergeber:

MCL als Träger des Kompetenzzentrums IC-MPPE, wird von den Bundesministerien BMK und BMDW, sowie von den Bundesländern Steiermark, Oberösterreich und Tirol - im Rahmen von COMET - gefördert. Die vorliegenden Entwicklungen werden durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union finanziert (SINTBAT und ECO2LIB, Grant Nr. 685716 und 875514).

 

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