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Der Plastizität von Metallen auf der Spur

Ein wesentliches Merkmal von Metallen ist ihre Plastizität. Metalle weisen daher prinzipiell ein hohes Potenzial fu?r plastische Verformbarkeit auf. Diese Eigenschaft kann jedoch stark variieren – von sehr guter Duktilität bis hin zu einer sehr geringen, ähnlich wie bei Glas. Besonders viele Legierungen mit kubisch raumzentrierter Kristallstruktur, z.B. viele Stähle, Wolfram und Molybdän, werden unter ungu?nstigen Bedingungen oft spröde und können verformungsarm brechen.

Mit neuartiger Simulationsmethode die Struktur von Versetzungen verstehen

Wie sich Werkstoffe verformen und brechen, ist von ihrem atomaren Aufbau abhängig. Einerseits bestimmt dieser den Zusammenhalt von Atomen im Kristall und zwischen den Kristallen eines Festkörpers, andererseits wird dadurch die Bewegung von Versetzungen entscheidend mitbestimmt, die auch als Träger der Verformung gelten. Versetzungen beispielsweise sind Gitterfehler, die sich bei Metallen beim Anlegen ausreichend hoher Spannungen durch den Kristall bewegen. Durch gleichzeitige Bewegung von Millionen von Versetzungen kommt es zur makroskopischen Verformung der Kristalle.

Die Versetzungsstruktur entscheidet über das Gleit- und Verformungsverhalten von Metallen über das Gleitverhalten von Versetzungen entscheidet deren geometrische Struktur. Atomistische Berechnungen sind heute die einzige Möglichkeit, die Struktur von Versetzungen vorherzusagen bzw. im Detail zu beschreiben. Mit Hilfe von sogenannten Dichtefunktionaltheorie-Berechnungen (DFT) ist es möglich, grundlegende Aufschlüsse zum Aufbau von Versetzungen zu gewinnen.

Für Materialforscher ist es von besonderem Interesse, zu verstehen, wie Legierungselemente die Bewegung von Versetzungen beeinflussen. Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Die kritische Spannung, die notwendig ist, um Versetzungen zu bewegen. Die Frage, auf welchen Ebenen im Kristall sich die Versetzungen bewegen und wie leicht sie von einer Gleitebene auf eine andere wechseln können. Erst eine detaillierte Kenntnis der atomaren Struktur einer Versetzung erlaubt es, direkt in den Versetzungsaufbau einzugreifen und wissensbasiert Werkstoffe mit höchster Verformbakeit und Zähigkeit und damit Bruchsicherheit zu entwickeln. Anhand von Wolfram-Rhenium Legierungen konnte gezeigt werden, dass das Zulegieren von Re zu W den Aufbau des Versetzungskerns und das Verformungsverhalten verändert.

„Atomistic Modelling“ – der Schlüssel zum Legierungsdesign auf atomarer Ebene

Einen besonderen Schwerpunkt stellen am MCL Aktivitäten zur „atomistischen“ Beschreibung von Legierungen dar. Dies inkludiert sowohl eine effiziente Modellierung von Legierungen als auch der Gitterfehler wie Leerstellen, Versetzungen und Grenzflächen und ihrer Auswirkungen. Der Fokus liegt dabei auf der Weiterentwicklung der Spin-wave Methode zur Beschreibung paramagnetischer Zustände. Ergänzt und erweitert wird der Forschungsbereich „Atomistic Modelling“ durch Aktivitäten im Bereich der funktionalen Eigenschaften von Werkstoffen.

Bedeutung

Die neuen theoretischen Methoden eröffnen bisher nicht möglich gewesene Einblicke in den atomaren Aufbau von Werkstoffen und die auf dieser Längenskala bestimmten Eigenschaften und liefern damit die Basis fu?r neue Entwicklungsansätze fu?r die Plastizität und das Bruchverhalten von Legierungen. Am MCL werden atomistische Methoden bereits fu?r das Design von Stählen und Refraktärmetallen eingesetzt.